Sonntag, 3. Oktober 2010

Balkon OG BA 2

Theorie


Der Balkon im OG BA 2 basiert auf einer U/I-Trägerkonstruktion, in welche man die Plankung in die Träger einschieben kann. Für die Dimensionierung der Träger (sogenannte Schnittgrössenermittlung eines Kragarms) habe ich meine inzwischen schon etwas eingerosteten Mechanikkenntnisse aus dem Grundstudium wieder aufgewärmt und erweitert, denn eingespannte Träger war bei uns eher weniger ein Thema. Nachdem ich die allgemeine Maximalbelastbarkeit für beliebige Träger bestimmt habe, habe ich mich mit unserem Statiker zu einer Überprüfung der Resultate getroffen. In der Schweiz liegt die Normbelastbarkeit von Balkonen bei 300 kg pro Quadratmeter. Selbst mit den schlankesten Trägerprofilen (UPE 80/IPE 80) besitzt der Balkon eine gute Sicherheitsreserve.


Ein weiterer Punkt der Abklärungen war die Verankerung der besagten Träger, welche aufgrund der Hebelwirkungen logischerweise ein Vielfaches der Balkonbelastbarkeit aufnehmen müssen. Ursprünglich hatten wir den Balkon mit 4 Trägern (also drei Feldern) geplant, ich fand jedoch, dass es auch noch reduzierter gehen muss, also zwei Felder a 125 cm. Der mittlere Träger kommt dabei in der Mitte des Badsturzes zu liegen, was etwas anspruchsvoller ist, da der Träger dadurch nicht mehr im Mauerwerk eingespannt ist und die Mauerwerkslast die Reaktion bildet. Man muss den Träger mit einem Stahlband am Betonsturz verankern. Drei Betondübel nehmen die Zugkräfte auf, wobei hier dann primär die Abscherbelastbarkeit der Dübel von Belang sind. Bei M12 sind das 18.4 kN 8 (~1.8 Tonnen), wenn das Gewinde sich in der Scherebene befindet. Das heisst, man kann meinen Mercedes MB 100D an einer solchen Schraube aufhängen. Für die äusseren Träger, welche in das Mauerwerk eingespannt werden, reicht die Mauerwerkslast. Der Lastabtrag erfolgt dreiecksförmig, somit trägt sehr viel obenliegendes Mauerwerk zum Gegengewicht bei - die 16 kN werden somit sehr schnell erreicht - selbst mit Leichtziegeln wie Poroton (~700kg/m3), wobei wir zuerst sowieso eine Überdeckung mit Bruchsteinmauerwerk haben, welche eine wesentlich höhere Dichte besitzt. Nicht zu vernachlässigen sind auch die äusseren Auflager, welche das Eigenwicht und die Nutzlast aufnehmen müssen.


Auf Basis der Berechnungen habe ich dann bei Joos in Chur verzinkte Profile bestellt, welche ich dann zusammen mit dem Spenglermaterial für die neue Regenrinne und Rohre frecherweise auf den Camion, welcher wöchentlich für Bezzola-Denoth nach Scuol fährt, habe legen lassen. Somit konnte ich mir eine Fahrt nach Chur oder teure Transportkosten ersparen.

Praxis

Am Freitag dem 1.10. habe ich dann die Löcher für die beiden äusseren Träger in das Mauerwerk geschlagen: Etwa 20 cm Durchmesser bei Mauerwerksstärken zwischen 45 und 50 cm. Peter Brem meinte zwar, dass die Auflager innen und aussen nicht unterlegt werden müssten, aber nach dem Kontakt mit dem sehr bröseligen Engadiner Bruchsteinmauerwerk war ich mal wieder lieber etwas vorsichtiger und habe ein paar alte L-Eisen unter die äusseren und über die Inneren Auflager gelegt und die Träger mit Zementmörtel einzementiert. Damit der Balkon auch gerade ist (sowohl in Hauslängsrichtung und orthogonal zum Haus), habe ich aussen eine Hilfslatte befestigt und die Träger mit Spanngurten am Gerüst befestigt.

Am Samstag habe ich dann den mittleren Träger, an welchen ich von Valentin und Krebs noch das 80 cm lange 4x50er Stahlband habe schweissen lassen, auf den Sturz gesetzt und das Band mit zwei Stahldübeln verankert. Der vorgesehene dritte musste leider wegfallen, da die Bohrung prompt auf ein Armierungseisen gestossen ist. Vielleicht kann ich zu einem Späteren Zeitpunkt noch einen kurzen Dübel einsetzen. Zu guter Letzt habe ich den Träger eingemörtelt und eine Balkonschwelle erstellt, welche jedoch drei Zentimeter unter der definitiven OKFF des OGs liegt, da auf der Innenseite noch eine Holzschwelle und aussen eine Steinschwelle montiert wird.